Coding & Making

Coding & Making inklusiv gedacht

Mittlerweile gibt es zahlreiche Programmiersprachen und -umgebungen für den Bildungsbereich. Das Ziel: Jugendliche an die Grundlagen des Programmierens heranführen. Sie sind, wie z. B. Scratch, meistens sehr visuell ausgelegt: Code-Elemente werden als grafische Blöcke einfach per Drag-and-Drop wie Bausteine zusammengesteckt. Das ist bunt, deutlich einfacher als Codes zu schreiben und bietet vielen Jugendlichen einen spielerischen Programmiereinstieg mit schnellen Erfolgserlebnissen. 

Doch welche Möglichkeiten gibt es, wenn Scratch noch zu abstrakt und kompliziert ist? Welche Tools eignen sich auch für den Einsatz in inklusiven Settings?

Aus Recyclingmaterialien gebastelte Stadt der Zukunft, die auf gemalten ozobot-Bahnen steht, die von programmierten Mini-Robotern befahren werden kann

Ozobots

Die Mini-Roboter Ozobots werden über auf Papier gemalte Farbcodes gesteuert – mit solchen analogen Tools gelingt der Einstieg ins Programmieren noch einfacher! Auch für Ozobots gibt es viele Ideen, damit auch Kinder mit motorischen Einschränkungen, die nicht (gut) malen können, Spaß haben: 

  • Die OzoCodes – die Farbcodes, die gemalt werden und auf die der Mini-Roboter reagiert – gibt es auch als Sticker: Hilfreich, wenn die Teilnehmenden Schwierigkeiten haben, exakte OzoCodes zu malen.
  • Solche Sticker kann man auch selbst in gewünschter Menge vorbereiten, indem man Computeretiketten mit OzoCodes vor dem Projekt bemalt, die dann einfach auf die schwarzen Linien geklebt werden können.
  • Mit leeren, weißen Computeretiketten kann man fehlerhaften Code oder Code an falschen Stellen einfach überkleben. Dann muss nicht alles neu gemalt werden, nur, weil der Code nicht lesbar ist.
  • Schablone für Stiftführung herstellen (kann z. B. im 3D-Drucker gedruckt werden, druckfertige Modelle im Internet kostenlos verfügbar).
  • Der Ozobot Evo ist eine Ausführung des Ozobots, der zusätzlich akustische Signale beim Ausführen der Codes abgibt.

Projektidee von der tjfbg: Stadt der Zukunft mit Ozobots

Ozobot Projektideen (Pädagogische Hochschule Schwyz, 2016)

Erste Übungen mit dem Ozobot (Tüftel Akademie)

Illustration eines Eier-Kartons

Analog Programmieren

Beim analogen Programmieren geht es darum, Programmierlogik niedrigschwellig und ohne Computer verstehbar zu machen. Zum Beispiel kann man in einem Warm-Up-Spiel in der Gruppe „Befehle“ durch vorher abgesprochene Zeichen eindeutig weitergeben. Oder man überlegt gemeinsam, ob es auch im Alltag „Algorithmen“ – also immer wiederkehrende, gleiche Abläufe – gibt. So lässt sich z. B. Zähneputzen als Algorithmus definieren und abbilden. Diese und weitere Ideen findet man auf den Lernkarten von CODING FOR TOMORROW. Analoge Ideen können auch fühlbar gemacht werden – und damit be-greifbar und zugänglich auch für blinde Kinder:

  • Aus einer Eierpalette, bunten Eiern, roten Krepp und einer Spielfigur wird eine fühlbare Spieloberfläche gebastelt.
  • Aufgabe: Code mit den Befehlen „nach oben“, „nach unten“, „nach links“ und „nach rechts“ schreiben, mit der die Spielfigur über die Eierpalette bewegt wird.
  • Ziel: Alle Eier einsammeln und dabei der Lava (= rotes, zusammengeknülltes Krepp) ausweichen!
  • Fühlbare Coding-Befehle lassen sich, z. B. mit Moosgummi, auch einfach selbst basteln.

Be-greibare Coding-Aktivität mit Eierkarton (Perkins School for the Blind, englisch) 

Lidia Focke und Christine Ketzer vom nimm!-Team probieren einen Cubetto aus.

Cubetto: Programmieren begreifen

Cubetto ist ein kleiner Holzroboter, der mit Programmierbefehlen über eine, in quadratische Vierecke geteilte, Karte aus Stoff geschickt wird. Karten gibt es zu verschiedenen Themenbereich (z. B. “Stadt” oder “Weltraum”) oder können selbst erstellt werden (z. B. eine Märchenwelt), indem man die Maße der Quadrate übernimmt und auf Papier überträgt. Die Steuerung erfolgt über ein via Bluetooth verbundenes Steuerungsbrett aus Holz, auf das die Befehlsblöcke (z. B. für Richtungen, Schleifen) wie kleine Holzbausteine aufgesteckt werden. Cubetto ermöglicht sehr jungen Kindern erstes Programmieren ganz ohne Computer und ist auch für blinde Kinder zugänglich, da die Befehlsblöcke an der Form unterschieden werden können. Die Ränder der Quadrate können z. B. durch (für Cubetto überfahrbares) Krepp beklebt werden, so dass blinde Kinder fühlen können, in welchem Quadrat sich Cubetto gerade befindet. Weitere inklusive Aspekte:

  • Die Programmier-Blöcke unterscheiden sich sowohl farblich als auch haptisch; jeder Block steht für genau einen Befehl.
  • Cubetto sendet ein akustisches Signal sowohl beim Einschalten als auch beim erfolgreichen Beenden eines Programmes.
  • Das Steuerungs-Brett ist groß und erleichtert somit das Erfühlen bzw. Ertasten des Programmablaufs sowie des Startknopfs.
  • Der Umgang mit Cubetto und dem Material fördert Feinmotorik und Konzentration sowie Hand-Augen-Koordination.

Projektidee von der tjfbg: Cubettos Welt

Screenshot der App Swift

Barrierefrei coden

Für ältere Kinder ab der 5. Klasse ist Swift Playgrounds von Apple eine der wenigen – auf deutsch möglicherweise die einzige – Coding- Lernapps im Bildungsbereich, welche die Bedienungshilfen von iOS vollständig unterstützt. Das heißt, die App kann mithilfe des Screenreaders VoiceOver oder der Schaltersteuerung bedient werden. Damit ist sie auch für blinde Jugendliche oder Jugendliche mit starken motorischen Einschränkungen zugänglich. Mithilfe von zahlreichen, “Playgrounds” genannten, Tutorials bietet Swift Playground einen sehr umfangreichen Einstieg in die Apple-eigene Programmiersprache Swift. Apple eigene Tutorials/Playgrounds sind vollständig barrierefrei, Playgrounds von Drittanbietern leider nicht!

Infos zu Swift Playgrounds (Perkins School for the Blind, englisch)

Selbst gebastelter Controller aus Knete mit der Makey-Makey-Platine, an der leitfähige Materialien angeschlossen werden können, um Tastaturfunktionen zu übernehmen.

Selbst machen

Makey Makey ist eine kleine Computer-Platine für den Bildungsbereich. Leitfähige Materialien können angeschlossen und mit Tastenfunktionen belegt werden. So können ganz individuelle, alternative Bedienungsmöglichkeiten, z. B. für Menschen mit Behinderungen entwickelt und mit Kindern in das Thema Making eingestiegen werden. Kreative Projekte mit dem Makey Makey können sehr interdisziplinär und multimedial ausgelegt sein, sodass sich gerade für inklusive Gruppen mit Kindern mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen sicherlich für jede*n eine Aufgabe findet. Zum Beispiel:

Wer sich speziell dafür interessiert, welche Coding-Aktivitäten und Tools auch für blinde Programmieranfänger*innen in Frage kommen, der kann auf dem Technology-Blog der Perkins School for the Blind zahlreiche spannende Tipps und Beiträge recherchieren! 

Technology Blog – Perkins School for the Blind (englisch, “Coding” in Suche eingeben)